Int. Tag für sicheren Schwangerschaftsabbruch
Lange Anfahrtswege und § 218 erschweren Versorgungslage
Wiesbaden – Die gesellschaftliche Dringlichkeit des Save Abortion Days ist ungebrochen. In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch seit 1871 im Strafgesetzbuch geregelt und damit grundsätzlich immer noch rechtswidrig, unter bestimmten Voraussetzungen jedoch straffrei möglich. Neben den gesetzlichen Vorgaben erschweren lange Anfahrtswege zu Beratungsangeboten, Praxen und Kliniken sowie gesellschaftliche Stigmatisierung zusätzlich den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch. „Frauen brauchen in dieser Krisensituation eine bessere gynäkologische Versorgung mit der Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen – insbesondere im ländlichen Raum Hessens“, betont Meike Pinkernell, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Hessischer Frauen- und Gleichstellungsbüros (LAG).
Die Versorgung ist in Ballungszentren wie Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach und Kassel gut, während große weiße Flecken in Ost- und Nordhessen (Fulda, Vogelsbergkreis, Werra-Meißner-Kreis, Schwalm-Eder-Kreis, Landkreis Waldeck-Frankenberg) existieren, wo Möglichkeiten fehlen oder nur durch lange Anfahrten erreichbar sind. Die Versorgung ist daher in Nord- und Osthessen als nicht verlässlich einzustufen.
Ungewollt schwangere Frauen in Deutschland sind auch laut der noch von der alten Bundesregierung in Auftrag gegebenen ELSA-Studie („Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer“), die am 13. August veröffentlicht wurde, häufig mehrfach belastet – auch durch finanzielle Unsicherheit, fehlende soziale Unterstützung, eingeschränkte Kinderbetreuung und hohe psychische Belastung. „Vor allem in Regionen mit geringer Versorgungsdichte müssen Betroffene oft weite Strecken zurücklegen oder lange Wartezeiten in Kauf nehmen, das ist eine nicht zumutbare zusätzliche psychische Last“, so Pinkernell. Die verpflichtende Beratung nach § 219 StGB und die gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit würden diese Belastungen zusätzlich verschärfen, kritisiert die LAG. Die Stigmatisierungen, die Schwangere auf ihrem Weg zum Abbruch mehrfach und auf vielfältige Weise erfahren, machen es den Betroffenen zusätzlich schwer.
Der „Safe Abortion Day“ wird seit 1990 jeweils am 28. September als internationaler Aktionstag begangen, um deutlich zu machen, dass es Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen braucht. Dazu gehört die Forderung, der Entkriminalisierung und einfachen, wohnortnahen Verfügbarkeit von Abbrüchen und medizinische Versorgung, Neuregelung der Kostenübernahme und Beratungssituation um das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen zu gewährleisten. Zudem müssen die strukturellen Rahmenbedingungen für Ärztinnen und Ärzte verbessert werden: weniger Bürokratie und bessere Ausbildungen schon während des Studiums.