Unsere Positionen

Die Landesarbeitsgemeinschaft veröffentlicht zu ihren Arbeitsthemen Forderungs- und Positionspapiere. Diese werden in Arbeitsgruppen diskutiert und erarbeitet.

Kernforderungen der Landesarbeitsgemeinschaft Hessischer Frauen- und Gleichstellungsbüros

Novellierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG)

Mit der Novellierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG) sollen eine strukturelle Weiterentwicklung des HGlG und eine flächendeckende Umsetzung der Gleichberechtigung und der Gleichstellung in allen Organisationseinheiten, die den Bestimmungen des HGlG unterliegen, ermöglicht werden. Gleichberechtigung und Gleichstellung sowie die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sollen als durchgängige Leitprinzipien bei allen Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Beschäftigten haben, zugrunde gelegt werden und tatsächlich durchsetzbar sein. Dies betrifft alle Aufgabenbereiche der von dem HGlG erfassten Organisationseinheiten. Diese zwingende Verpflichtung zur Umsetzung dieses Leitprinzips gilt für alle Beschäftigten, insbesondere für Beschäftigte mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben.

Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte ist bereits mit ihrer Bestellung von anderweitigen dienstlichen Tätigkeiten in dem Umfang zu entlasten, wie dies zur Erfüllung der Aufgaben als Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte erforderlich ist.Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte ist eine Führungskraft mit Querschnittsaufgaben. Ihre dienstlichen Tätigkeiten sind von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung. Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sollen die Befähigung zur Wahrnehmung von Aufgaben des höheren Verwaltungsdienstes haben. Die Tätigkeit als Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte hat Vorrang vor anderen dienstlichen Tätigkeiten. Den Vorrang stellt die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in eigener Verantwortung fest.Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte muss entsprechend der regelmäßigen Beschäftigtenzahl entlastet werden. Ab einer regelmäßigen Beschäftigtenzahl von mehr als 300 soll eine Entlastung im Umfang einer Vollzeitarbeitskraft erfolgen. Unabhängig davon muss der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Mitarbeitskapazität mit fachlicher Qualifikation zur Verfügung gestellt werden.

Für die Umsetzung der Frauen- und Gleichstellungsarbeit müssen ausreichend finanzielle Mittel eingeplant und bereitgestellt werden. Auch in Form von personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen.

Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte muss ein unmittelbares Zugangsrecht zu allen Arbeits-, Projekt- und Steuerungsgruppen haben, die sich mit personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen befassen. Auskünfte sind ihr unverzüglich zu erteilen. In Ihrer dienstlichen Tätigkeit obliegt ihr das Gleichstellungscontrolling. Sie prüft – grundsätzlich bei allen Maßnahmen – weisungsfrei, das Vorliegen einer Gleichstellungsrelevanz. Dafür muss Ihr das volle Informationsrecht gewährt werden.

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten beziehen sich insbesondere auf Entscheidungen und Maßnahmen, die von der Dienststelle für personelle, soziale oder organisatorische Angelegenheiten geplant oder ergriffen werden sollen. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte ist integraler Teil des jeweiligen Entscheidungsprozesses. Die Beteiligung muss frühzeitig erfolgen. Frühzeitig ist eine Beteiligung nur, wenn sie mit dem Beginn des jeweiligen Entscheidungsprozesses auf Seiten der Dienststelle einsetzt, und die im Raum stehende Entscheidung noch gestaltungsfähig ist.

Wird die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte nicht ordnungsgemäß beteiligt, wird der jeweilige Entscheidungsprozess angehalten und bereits ergriffene personelle, soziale und organisatorische Maßnahmen sind unwirksam.

Die Dienststellen sind verpflichtet, Maßnahmen zu entwickeln und durchzusetzen, die einer Belästigung wegen des Geschlechts, einer Belästigung oder einer sexuellen Belästigung vorbeugen, insbesondere durch eine entsprechende Qualifizierung und Sensibilisierung der Beschäftigten. Entsprechendes gilt für angemessene Sanktionen gegenüber Personen, von denen eine Belästigung wegen des Geschlechts oder eine sexuelle Belästigung ausgegangen ist oder die zu einer Diskriminierung angewiesen haben. Der Schutz des Opfers einer solchen Diskriminierung und seine angemessene Rehabilitation haben Vorrang vor den Interessen derjenigen, die für die Belästigung, die sexuelle Belästigung oder die Anweisung zur Diskriminierung verantwortlich sind.

In der Landesregierung wird zur Unterstützung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten eine fachlich qualifizierte unabhängige Stelle eingerichtet. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte kann sich zur Beratung, zur fachlichen Unterstützung und zur Klärung von Konflikten an diese unabhängige Stelle in der Landesregierung wenden. Diese unabhängige Stelle unterstützt bei der Umsetzung der Bestimmungen des HGlG und anderer Gleichstellungsvorschriften und fördert die Aufgabenwahrnehmung. Bei jeder Form der Nichtbeteiligung kann sich die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte an die unabhängige Stelle in der Landesregierung wenden.

Dieses Gesetz beruht auf der Erkenntnis, dass Frauen nach wie vor im Verhältnis zu Männern keine wirkliche Gleichberechtigung haben und deshalb in ihren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, ihren Arbeitsbedingungen gegenüber Männern benachteiligt sind. Gleiches gilt in Bezug auf die Nachteile denen nicht-binäre Menschen im Verhältnis zu Menschen anderen Geschlechts ausgesetzt sind. Zugleich beruht es auf der Erkenntnis, dass in der binär geprägten Geschlechterordnung von Frauen und Männern eine Gleichberechtigung nicht-binärer Personen noch aussteht. Diese Erkenntnis muss sich auch sprachlich im Gesetz wiederspiegeln.Der verfassungsrechtliche Auftrag zur Umsetzung der Gleichberechtigung und Gleichstellung ist binär. Handelt es sich jedoch um Gleichbehandlung, empfehlen wir von Frauen, Männern und nicht-binären Menschen zu sprechen, außer an Stellen der Unterrepräsentanz. Diese muss weiterhin binär erfasst und ausgewertet werden. Das Streben nach Gleichbehandlung für Frauen und nicht-binäre Menschen als benachteiligte Geschlechter steht nicht im Widerspruch zueinander.

Stellungnahme zum Genderverbot

Ausgangspunkt für die vorliegende Stellungnahme bildet das Eckpunktepapier für die Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD zur Regierungsbildung im hessischen Landtag. Daraus geht hervor, dass die regierungsbildenden Parteien in Erwägung ziehen, geschlechtersensible Sprache mit Sonderzeichen in öffentlich-rechtlichen Institutionen zu untersagen. Die Landesarbeitsgemeinschaft der hessischen Frauen- und Gleichstellungsbüros lehnt das Vorhaben der zukünftigen Landesregierung ab.  

Ausgangspunkt für die vorliegende Stellungnahme bildet das Eckpunktepapier für die Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD zur Regierungsbildung im hessischen Landtag. Daraus geht hervor, dass die regierungsbildenden Parteien in Erwägung ziehen, geschlechtersensible Sprache mit Sonderzeichen in öffentlich-rechtlichen Institutionen zu untersagen. Die Landesarbeitsgemeinschaft der hessischen Frauen- und Gleichstellungsbüros lehnt das Vorhaben der zukünftigen Landesregierung ab.  

Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der LAG arbeiten seit Jahren mit großem Engagement, Fachwissen und dem nötigen Nachdruck daran in ihren Landkreisen oder Kommunen darauf hinzuwirken auch im Sprach- und Schriftverkehr für einen geschlechtergerechten Ausdruck zu sensibilisieren. Auch wenn zunächst die Kommunen von dieser Regelung nicht betroffen sein werden, wird die Durchsetzung dessen erhebliche Strahlkraft haben und viele Menschen dahingehend verunsichern, was nun rechtlich erlaubt ist. Verwaltungssprache muss alle Menschen ansprechen und repräsentieren, unabhängig welches Geschlecht sie haben. Sprache formt unbewusst unsere Wahrnehmung der Welt. Sie beeinflusst unsere Vorstellung davon, was wir in unserer Gesellschaft für selbstverständlich halten und wen wir wahrnehmen. Das macht Sprache für unsere Arbeit zu einer relevanten Stellschraube auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung. 

Verschiedene Gesetze unter Anderem das Grundgesetz, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und nicht zuletzt das Hessische Gleichberechtigungsgesetz geben vor diskriminierungsfreie und geschlechtergerechte Bedingungen für jeden Menschen zu schaffen. Dazu gehört auch Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache zu beachten. Seit 2019 erkennt das Personenstandsgesetz mehrere Geschlechtsidentitäten an, die in der Gleichstellungsarbeit und damit auch im Sprach- und Schriftgebrauch zu berücksichtigen sind. Die Umsetzung einer geschlechtersensiblen Sprache und Schrift ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die sicher auch von Spannungen begleitet ist. Diese sollten, im Sinne einer pluralen Demokratie und gelebter Vielfalt in Gesellschaft und Politik, nicht über ein gesetzliches Verbot unterbunden werden. 

Sprache ist immer ein machtvolles Mittel, das missbraucht und zum Schaden anderer eingesetzt werden kann. Das drohende Verbot macht uns besorgt. „Sprachverbote sind Instrumente von Diktaturen und in Deutschland Erinnerung an finsterste Zeiten. Finstere Zeiten beginnen mit dem Dimmen des Lichts“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme der Jury „Unwort des Jahres“ und des Vorstandes der AG „Sprache in der Politik e.V.“ anlässlich des „Gender-Verbots“, das der sächsische Landtag 2023 beschlossen hat. Als Mitglieder der LAG der hessischen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten möchten wir uns in diesem alarmierenden Moment gegen Diskriminierung und Ausschluss positionieren.

Pressemitteilung der Landes Arbeitsgemeinschaft Hessischer Frauenbüros 30.11.2023